"Tippelei", so nennen die zünftig reisenden
Wandergesellen und -Gesellinnen selbst Ihre traditionelle Wanderschaft im
Handwerk.
"Auf der Walz" gilt den meisten als Unwort, "Tippelbrüder" sind etwas
anderes und wer eine schwäbische Töpferin als "Hamburger
Zimmermann" anspricht, darf kaum auf eine freundliche Antwort hoffen.
Es geht um Traditionen (ob die nun 1000, 100 oder 10
Jahre alt sind, tut nichts zur Sache), seltsame Rituale und geheime
Bruderschaften. Das "hat man schonmal gehört".
Aber es geht auch um Menschen. Um Menschen, die heute
leben und in der Tradition täglich neu einen Rahmen finden, um das zu
tun, was sie wollen: Lernen und Reisen.
Die Reisekluft ist keine Uniform. Sie steht nicht
für Hierarchie und Gehorsamszwänge. Sie signalisiert nicht den
erzwungenen Verzicht auf jede Individualität.
Die Kluft ist Tracht im besten Sinne, Zeichen der
Identifikation mit dem eigenen Beruf und der Verwurzelung in einer gerne
akzeptierten Tradition. "Tracht" nicht wie in manchem Trachtenverein
getragen, sondern lebendig und selbstverständlich und alltäglich.
Vereine halten keine Traditionen am Leben, sie konservieren die
Leichname.
Niemand geht auf Tippelei "um eine Tradition zu pflegen". Das ist
überhaupt nicht nötig. Sie ist noch lange kein Pflegefall.
Gäbe es nicht die alten Formen - wir müssten neue
erfinden. Manchmal kommt auch das vor.
Erstmal sind alle reisenden Gesellen und Gesellinen "freie
Reisende".
Die Regeln, die "zünftige Tippelei" erst definieren und
ermöglichen, gelten für alle.
In Kurzform: Benimm Dich anständig und verantwortlich! Tu es ganz oder lass es bleiben!
Manche schliessen sich ausserdem einer Organisation ("Schacht") an und übernehmen damit zusätzliche Rechte und Pflichten innerhalb dieser Organisation. Manche vergessen darüber, dass sie freie Reisende sind. Das ist schade.
Man sollte sich nicht zu sehr beeindrucken lassen, wenn man von jungen Fremden erzählt kriegt: "Wir sind die ältesten/zünftigsten/freisten/coolsten". Kein Schacht ist der "einzig wahre". Mitgliedschaft in einem Schacht kann Geborgenheit und Absicherung vermitteln. Wer aber die Androhung von Strafe durch die "Zunftgerichtsbarkeit" braucht, um die grundlegenden Regeln des Anstandes zu beachten, wird auch in einem Schacht keine gute Figur machen.
Wandergesellen bewegen sich ständig im öffentliche Raum. Sie
brauchen keine weitere Öffentlichkeitsarbeit.
Versuche, mit aggressiver Werbung zu neuen Schachtmitgliedern zu kommen,
werden von vielen Reisenden nicht gerne gesehen. Presseinterviews werden
manchmal erduldet, selten genossen.
Trotzdem fördert eine Internetrecherche eine erstaunliche Anzahl
von Dokumenten zum Thema zutage.
Auf der Linkseite habe ich sie
zusammengefasst.
Manches ist dabei nicht ganz richtig dargestellt,
Querlesen vermittelt vielleicht einen realistischeren Eindruck.
Wahres Wissen entsteht durch widersprüchliche Informationen.
Ich freu mich, wenn ich weitere Links mitgeteilt bekomme, um die Sammlung zu erweitern. Aber ich verspreche nichts.
Es gibt auch einen nichtöffentlichen Diskussions-Bereich. Wer darin lesen und schreiben will (nur möglich für WandergesellInnenen und evtl. Einheimische!) soll sich die Zugangsdaten von einem Reisekamerud geben lassen oder kann sich zur Not auch an die Kontaktadresse wenden.
Im Übrigen ist hier noch Platz für allgemeine Tips, auch für die öffentliche Selbstdarstellung einzelner oder von Projekten, aber das muss erstmal wer schreiben...
Alles was ich hier geschrieben habe, ist meine ganz persönliche Meinung. Vermutlich wird kein einziger fremder oder einheimischer Geselle und auch keine gereiste Gesellin sie vollständig teilen.
Wenn Ihr Allgemeines über Tippelei erfahren wollt, fragt bitte die
Reisenden, nicht mich!
Es gibt keinen Pressesprecher.
Ich bin von 1993 bis 1997 als Zimmerer gereist (ohne Schachtmitgliedschaft) und seit 2003 im Fläming (Brandenburg) einheimisch.
Gruss, Michi
(ex wild fremd ZimmerXELL, ex Wendland-)